Modellprojekt „Ausbildung stärken - Nachwuchskräfte binden“

Laufzeit: 6 / 2018 - 12 /2022

Ausbildungsabbrüche sind im Berliner SHK-Handwerk keine Seltenheit. Bereits 2013/2014 hat die Innung SHK Berlin in einer eigenen Erhebung festgestellt, dass sich unmittelbar vor der Gesellenprüfung etwa die Hälfte der Auszubildenden nicht mehr in Ausbildung befindet. Nicht zuletzt aufgrund der intensiveren Kooperation zwischen Ausbildungsbetrieben, Berufsschule und Innung bzw. überbetrieblichem Kompetenzzentrum konnte die Zahl der vorzeitigen Vertragslösungen in den folgenden Jahren spürbar gesenkt werden. Dennoch wollte die Innung dem Problem systematisch und nachhaltig begegnen und hat die drei Modellprojekte „Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden“ (2018/2019), „Ausbildung stärken – Nachwuchskräfte binden plus“ (2020/2021) und von Juli 2021 bis Dezember 2022 um den Aspekt der Digitalisierung erweitert "Ausbildung stärken - Nachwuchskräfte binden  d1g1tal" initiiert. Alle Projekte wurden von der damaligen Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales gefördert .

  • Praxisorientiertes Modellprojekt zur Reduzierung von Ausbildungsabbrüchen

    Die Ausbildung Anlagenmechaniker*in SHK zählt in Berlin nach wie vor zu den Lehrberufen mit der höchsten Zahl an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Handwerk. Dennoch gehört dieser Ausbildungsberuf berlin- und bundesweit zu den ausgewiesenen Engpassberufen. Dem stetigen Anstieg von Ausbildungszahlen stehen (weiterhin) hohe Abbruchsquoten gegenüber. In Berlin beträgt die vorzeitige Vertragslösungsquote für Anlagenmechaniker*innen ca. 40% - im Vergleich werden bundesweit über alle Ausbildungsberufe hinweg ca. 25% der Berufsausbildungsverträge vorzeitig beendet.

    Die Innung will diesem Problem nachhaltig begegnen und führt seit 2018 die Modellprojektreihe „Ausbildung stärken - Nachwuchskräfte binden“ (AS-NB) durch, gefördert durch die Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Soziales. Übergeordnetes Ziel der Modellprojekte ist die Reduzierung von Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen für den Beruf Anlagenmechaniker*in SHK. Um praxisnahe Lösungen zu entwickeln, werden mittels wissenschaftlich-empirischer Studien die Ursachen für Ausbildungsabbrüche ermittelt und bedarfsgerechte Maßnahmen erarbeitet.


  • Bisherige Maßnahmen und Öffnung für andere Gewerke

    Das Projekt geht davon aus, dass zwischen Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden Passungen aktiv herzustellen sind. Das bedeutet, gezielt das Engagement der Ausbildungsbetriebe zu unterstützen und die Motivation der Azubis zu fördern.

    Das bisherige Maßnahmenbündel besteht aus erstens einer vierbändigen Reihe von Ausbildungsbroschüren mit Tipps und Empfehlungen zum Ausbildungsstart, zu Themen der Organisation von Ausbildung und der Wissensvermittlung sowie den formalen Regularien einer Ausbildung. Zweitens werden Veranstaltungen durchgeführt. Dazu gehören eine gewerkeoffene Schulung für Gesell*innen, die ausbilden, die – ebenfalls für alle Gewerke angebotene – Vortragsreihe „Blickpunkt Ausbildung“ und das gewerkeübergreifende „AzubiCamp21“. Darüber hinaus wird drittens ein Selbsttest der Ausbildungsqualität für Betriebe bereitgestellt.


  • Digitalisierung im Fokus: die dritte Projektetappe

    Im aktuellen Projekt „AS-NB d1g1tal“ steht die Konzeption von digitalen Instrumenten und Maßnahmen im Mittelpunkt. Dabei werden drei Schwerpunkte gesetzt. Erstens wird die existierende Schulung für Gesell*innen, die ausbilden, in ein Online- und/oder Blended Learning-Format überführt. Zweitens wird der Nutzen digitaler Berichtshefte als multi-funktionale Mittel in der Organisation und zum Austausch über Ausbildung geprüft. Drittens wird eine Wissens- und Kommunikations-Plattform konzipiert. Ausgehend vom „Wiki“-Ansatz wird ein gewisser Anteil an Eigenarbeit durch die Betriebe und Auszubildenden vorausgesetzt, um Inhalte von Praktiker*innen für andere Praktiker*innen auf der Plattform zur Verfügung zu stellen.

    Projektübergreifend werden Praktiker*innen und Expert*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Handwerk einbezogen, um den Transfer von Maßnahmen zu erkunden und zu begleiten.

    Das erfolgreiche Format des Azubicamp wird erneut aufgegriffen und gewerkeübergreifend angeboten.


  • Projektende und Bilanz

    Nach 4,5 Jahren endete das Projekt AS-NB. Entstanden aus der Absicht, die Quote der Ausbildungsabbrüche und Vertragsauflösungen zu senken, blickt die Innung auf ein stattliches Bündel an Maßnahmen, Hilfestellungen und Instrumente, die entwickelt und getestet wurden.

    Grundlage unserer Arbeit war eine umfangreiche empirische Studie, in der wir Gründe für Vertragsauflösungen ermittelt und ausgewertet haben. Befragt wurden sowohl Betriebe, als auch deren Auszubildende. Die Ergebnisse dienten uns als Basis für die weitere Projektarbeit. Getragen von dem Leitgedanken, dass nachhaltige Veränderungen nur gemeinsam mit den Hauptakteuren der Ausbildung zu erzielen sind, wurden erarbeitete Ergebnisse in Workshops oder auf Veranstaltungen zur gegenseitigen Vergewisserung präsentiert und diskutiert. Die vorliegenden Ergebnisse sind also in einem engen Abstimmungsprozess mit der handwerklichen Praxis entstanden.

    Entstanden ist daraus eine Broschürenreihe, die die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Ausbildung benennt und den Betrieben eine praktische Unterstützung an die Hand gibt. Mit dem digitalen Tool Selbsttest für Betriebe erhalten Ausbildungsbetriebe in wenigen Minuten eine grobe Einschätzung ihrer Ausbildungsqualität einschließlich Veränderungsvorschlägen.

    Mit der Entwicklung einer modularen Schulung für betriebliche Ausbilder*innen, die nicht über den erforderlichen Nachweis nach der AEVO verfügen, wurde ein wichtiger Schritt unternommen, das ausbildende Personal in den Betrieben in pädagogischer Hinsicht zu qualifizieren.

    Das Digitale Berichtsheft als Kristallisationspunkt in der Ausbildung war ebenfalls ein zentrales Thema des Projektes. Unsere Feldstudie konnte eine hohe Akzeptanz bei den teilnehmenden Betrieben und Azubis nachweisen sowie geeignete Anbieter für die handwerkliche Ausbildung ermitteln. Ergebnis der Studie: Der digitale Nachweis erleichtert die Kommunikation und schafft einen besseren Ausbildungsüberblick.

    Um jungen Auszubildenden eine Bühne und Stimme zu geben, wurde mit dem Azubicamp das erste Barcamp für Auszubildende im Handwerk organisiert. Damit konnte das Projekt einen geeigneten Rahmen schaffen, in dem sich die Auszubildenden frei austauschen und Lösungsansätze sowie Wünsche formulieren können.

    Allerdings konnten nicht alle Projektideen erfolgreich umgesetzt werden. Die Vortragsreihe „Blickpunkt Ausbildung“, die gesellschaftliche Entwicklungen mit direktem Einfluss auf die duale Ausbildung diskutieren wollte, wurde aufgrund mangelnden Interesses und coronabedingter Einschränkungen nach zwei Vorträgen eingestellt. Trotz des Projektendes bleibt die Aufgabe, Betriebe und Auszubildende besser aufeinander abzustimmen und fortwährend Kommunikationskultur, Transparenz und gegenseitiges Verständnis zu verbessern.

    Wir bedanken uns bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, die mit ihrer Förderung die Entwicklung der erfolgreichen Maßnahmen ermöglicht hat. Den Mitgliedern der projektbegleitenden Experten- und Transfertreffen sowie allen Betrieben und Auszubildenden, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement das Projekt unterstützt haben, gebührt ebenso großer Dank.